Hahnrei

 m.  Z des Hahnreies, Hahnreis die Hahnreie

Bedeutungen

[1] Ehemann, dessen Frau fremdgeht und der dies hinnimmt, um den Frieden im Haus nicht zu gefährden; im Gegensatz zu vielen anderen betrogenen Ehemännern macht ein Hahnrei keinerlei Anstalten, sich für den Ehebruch seiner Frau zu rächen (in früheren Zeiten zum Beispiel dadurch, dass er den Nebenbuhler straffrei umbrachte). Damit verstieß er damals sowohl gegen die weltlichen wie gegen die kirchlichen Gesetze und beging sogar eine Todsünde. Die Öffentlichkeit reagierte auf solches Verhalten mit vielerlei Erniedrigungen des Hahnreis. So wurde er mit Hörnern oder einem Geweih ausgestattet und rückwärts auf einen Esel gesetzt, den man dann durch die ganze Stadt führte.❬ref name = LexRedensarten❭, „jmdn. zum Hahnrei machen“, Seite 211.❬/ref❭
[2] veraltet: Ehebrecher
[3] veraltet: eine Schneckenart (Murex cornutus)
[4] veraltet, in Mecklenburg, Pommern und um Göttingen: ein Kartenspiel
Herkunft
[1,] Hahnrei ist wohl aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche gekommen: Das mittelniederdeutsche hānenreyge, hānenrey, hānrey oder hānreyge gelangte als hanerei oder hanereie ins Mittelhochdeutsche. Die mittelhochdeutschen Formen sind nur spärlich belegt und hatten ursprünglich die Bedeutungen ‚Kapaun‘ und ‚Ehebrecher‘. Der Ehebrecher findet sich im dialektischen hochdeutschen reihisch, reisch und reinischbrünstig‘ sowie im ebenfalls dialektischen hochdeutschen reihen ‚sich paaren (inbesondere in Bezug auf Vögel)‘ und weiterhin im althochdeutschen reiniscāri und reiniscros oder wreiniscrosDeckhengst‘ wieder. Die letztgenannten Wörter scheinen auf das germanische *wreih-a-decken, bespringen‘ zurückzugehen, was den Schluss zulässt, dass ein Hahnrei zunächst für ‚sexuell aggressiver Hahn‘ stand und dies auf Menschen übertragen wurde.❬ref name = Kluge❭, „Hahnrei“, Seite 384.❬/ref❭ Die Bedeutung ‚Kapaun‘ und allgemein das Bild des verschnittenen Tieres passt zum niederdeutschen rūn sowie dem mittelniederländischen rune und ruynkijn und außerdem zum archaischen schwäbischen raunWallach‘.❬ref name = Kluge/❭ Auch lässt sich dies zum Beispiel im 16. und 17. Jahrhundert im ostfriesischen hānrūne ‚Kapaun, Impotenter, Hahnrei‘ nachweisen und erklärt zudem die Redewendung jemandem die Hörner aufsetzen, die Bezug auf einen früheren Brauch nimmt, bei dem einem Kapaun die abgeschnittenen Sporen in den Kamm gesetzt wurden, wo sie wie Hörner weiterwuchsen.❬ref❭, unter „Hahn“, Seite 495.❬/ref❭ Übertragen auf den Menschen könnte dies bedeuten, dass eine Ehegattin, die ihren Mann betrügt, ihn wie einen Kastraten behandelt.❬ref name = LexRedensarten/❭ Über hānrūne könnte sich ein Anschluss an das ostfriesische rune, rūn, rūne sowie an das mittelniederdeutsche rune, das mittelniederländische ruun, rūne und schließlich an das niederländische ruin ‚Wallach‘ ergeben, die alle auf das indoeuropäische *reu- oder *reṷə-aufreißen, graben‘ zurückgehen.❬ref name=Pfeifer❭, unter „Hahn“, Seite 496.❬/ref❭ Wie verlässlich jener friesische Beleg ist, ist indes ungewiss. Jedenfalls könnte er darauf hindeuten, dass sich beide Ansätze – Ehebrecher und Kapaun – miteinander vermischt haben.❬ref name = Kluge/❭ Speziell zum zweiten Teil des Wortes gibt es die Vermutung, dass er mit dem mittelhochdeutschen reie oder reige oder dem mittelniederdeutschen rei oder reie (Vorformen von Reigen) verbunden ist.❬ref❭, unter „Hahn“, Seite 495 f.❬/ref❭ Ein Hahnrei wäre demnach jemand, der sich zu den (geilen) Hähnen in den Reigen gesellt.❬ref name = LexRedensarten/❭ Daneben wurde der Versuch gemacht, über die im älteren Neuhochdeutschen vorkommenden Formen Hahnreh und Hahnree eine Beziehung zwischen Hahnrei und Reh herzustellen.❬ref name=Pfeifer/❭ Dies ließe sich unter Umständen dadurch untermauern, dass Kapaune wegen ihrer „Hörner“ Ähnlichkeit mit Rehen hatten.❬ref name = LexRedensarten/❭ Diese beiden Theorien sind aber wahrscheinlich eher volkstümlich.❬ref name=Pfeifer/❭ Andere, ebenfalls wenig überzeugende Erklärungsversuche stellen Hahnrei zum französischen Vornamen Henry oder Henri (da Abraham a Sancta Clara einen Hahnrei bei diesem Namen nenne)❬ref❭Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 Hahnrei.❬/ref❭❬ref name="Pierer"❭.❬/ref❭, zum bretonischen hannerey Hälfte‘ (ein Hahnrei wäre also ein halber Mann) oder zum nordischen -rehemüde‘ (Hahnreie wären wie ermüdete Hähne).❬ref name="Pierer" /❭
Synonyme
[1] Gehörnter, Hirsch (scherzhaft)
[3] wissenschaftlich: Murex cornutus
Oberbegriffe
[3] Kartenspiel, Spiel
Beispiele
[1] Du hast dich diesem Kerl an den Hals geworfen und mich öffentlich zum Hahnrei gemacht!
[1] „Ich wußte, nichts würde mehr wie früher sein: Ich würde den Freund meines Vaters zum Hahnrei machen, ich würde die mir so großzügig gewährte Gastfreundschaft mißbrauchen, ich würde dem Mann ins Gesicht spucken, der mir die Hand gereicht hatte.“❬ref❭Harold Nebenzahn: Café Berlin. 3. Auflage. Haffmans Verlag, Zürich 1995, S. 103f. ISBN 3-251-00258-9.❬/ref❭
[2]
Redewendungen
[1] jemanden zum Hahnrei machen
Wortbildungen
Hahnreifarbe, Hahnreihistorie, Hahnreimachen, Hahnreimacher, Hahnreinuss, Hahnreiorden, Hahnreischaft, Hahnreiwesen

Referenzen

[1] Wikipedia-Artikel Hahnrei
[1] Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache Hahnrei
[1] Duden online http://www.duden.de/rechtschreibung/
[1]
[1,] Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854–1961 Hahnrei
[2]
[*] canoo.net Hahnrei
[*] Uni Leipzig: Wortschatz-Lexikon Hahnrei
Quellen

Substantiv, m

Kasus Singular Plural
Nominativ Hahnrei Hahnreie
Genitiv Hahnreis Hahnreie
Dativ Hahnrei Hahnreien
Akkusativ Hahnrei Hahnreie

Worttrennung

Hahn·rei, Hahn·reie
Aussprache
IPA ˈhaːnˌʀaɪ̯, ˈhaːnˌʀaɪ̯ə
Hörbeispiele: Hahnrei (österreichisch)
Betonung
Ha̲hnrei

zählbar

Kasus Singular Plural
Nominativ der Hahnrei die Hahnreie
Genitiv des Hahnreies, Hahnreis der Hahnreie
Dativ dem Hahnrei den Hahnreien
Akkusativ den Hahnrei die Hahnreie
单数 复数